Montag Nachmittag – 17.00 Uhr- das Wartezimmer ist voll mit kleinen Patienten. Für uns scheint es eine Routinesprechstunde zu werden: die Probleme unserer kleinen Patienten lassen sich gut beheben: ein Meerschweinchen frisst seit 2 Tagen schlecht – die Kontrolle der Maulhöhle zeigt, dass die Backenzähne schief gewachsen sind. Dr. Rummel begradigt die Zähne sofort und schon heute Abend wird der kleine Kerl wieder fressen können; ein Kätzchen hat massiv Zahnstein und deswegen eine entzündete Maulhöhle und es wird ein Zahnsanierungstermin für den nächsten Vormittag ausgemacht.

Nur der kleine sichelförmige Schatten unten im Bild weist auf einen Fremdkörper hin
Ein kleiner Labradorrüde schüttelt seit dem Spaziergang im Feld unentwegt den Kopf: bei der Ohrkontrolle wird eine Granne sichtbar. Da der kleine Kerl ganz lieb ist, kann Dr. Rogalla den Fremdkörper ohne Narkose entfernen.
Nun ist Filou an der Reihe. Er ist bestellt zur Nachuntersuchung, da er am Wochenende erbrochen hat. Die Behandlung hatte gut angeschlagen, Sonntag und Montag Vormittag war er munter wie immer, doch seit heute Nachmittag erscheint er seinem Frauchen, Frau Büchner, ein wenig gedrückt, den Spaziergang am Mittag machte er sehr unlustig.
Dr. Rummel ordnet jetzt sofort eine Röntgenuntersuchung an. Er wird in zwei Lagerungen geröntgt und in der seitlichen Aufnahme zeigt sich der Grund seiner Schmerzen: es stellt sich im Darm eine auffällige Verschattung dar, die auf einen Fremdkörper schließen lässt. Was es ist, lässt sich natürlich nicht erkennen – wir haben schon die ungewöhnlichsten Teile im Darm gefunden: Gummitierchen, Nüsse, Maiskolben, Lederleinenreste…. Da Filou aber schon seit dem Wochenende seine Beschwerden hatte und nun sein Zustand sich wieder verschlechtert hat, entscheidet sich Dr. Rummel für die sofortige Operation. Frau Büchner ist völlig aufgelöst – damit hat sie nicht gerechnet. Allerdings ist sie sehr froh, dass wir die Operation sofort ausführen werden – denn es besteht die akute Gefahr eines lebensgefährlichen Darmdurchbruchs.
Die gesamte Sprechstunde muß umgeplant werden. Dr. Rogalla wird Filou operieren, so dass ihre Termine verlegt werden müssen. Ein Patient ist allerdings schon auf der Autobahn von Wiesbaden zu uns, er kann nicht mehr zurückgeschickt werden, so dass dieser Termin noch abgewartet wird. In der Zwischenzeit bereitet Tanja die Operation vor. Der OP-Tisch wird angewärmt, damit der Patient nicht auskühlt, die Narkosemaschine aufgebaut und das Kontrollgerät zur Blutdruckmessung, der Herz – und Atemmonitor und das Pulsoxymeter angeschlossen, sowie das OP-Besteck aufgebaut. Um 17.30 Uhr ist alles soweit, dass mit der Operation begonnen werden kann. Filou wird ein Venenkatheter gelegt und nach kurzer Sedation wird er an das Inhalationsnarkosegerät angeschlossen. Nach der Eröffnung der Bauchdecke wird der gesamte Magen und Darm systematisch durchgetastet. Schon bald wird die Ursache des Übels gefunden. Dr. Rogalla ertastet eine faustgroße Verhärtung des Darmgewebes. Dieser Darmteil wird nun aus dem Bauchraum vorgelagert. Nun wird ersichtlich, dass sich in diesem Darmteil ein harter, gewölbter Gegenstand befindet, aber das gesamte umgebende Darmgewebe stark nekrotisch (abgestorben) verändert ist.
Die Entscheidung zur sofortigen Operation hat sich als absolut richtig erwiesen. Das Gewebe ist so verändert, dass jederzeit ein Darmdurchbruch zu befürchten war!
Dr. Rogalla kontrolliert die verbliebene intakte Blutversorgung und bindet die Blutgefäße so ab, dass das veränderte Darmstück herausgetrennt werden kann. Nun werden die zwei gesunden Darmenden sorgfältig mit feinen Stichen aneinandergenäht. Die Nahtstelle wird auf ihre Dichtigkeit überprüft , der Bauchraum nochmals gründlich gespült und der Darm wieder in die Bauchhöhle zurückverlagert. Der restliche Verlauf ist Routine. Die Bauchdecke wird mehrschichtig verschlossen und Filou überwacht.
In dem Darmteil befindet sich ein großes Stück von einem Tennisball, der zu einer Verklebung dieses Darmabschnittes geführt hat.
Filou darf in den nächsten 3 Tagen kein Futter zu sich nehmen. Er wird täglich mehrmals mit Infusionen genährt. Dann wird er vorsichtig mit kleinen Portionen angefüttert. Am 4. Tag ist die Aufregung nochmals groß. Frau Büchner berichtet weinend, dass Filou heute nicht aufstehen wollte.

Im Kontraströntgen wird ersichtlich dass die Nahtstelle dicht ist.
Filou wird nochmals kontrollgeröntgt, denn eine jede Darmoperation birgt die Gefahr einer Leckage (Undichtigkeit).
Es ist alles in Ordnung. Filou hat nur starke Bauchweh aufgrund der beginnenden Darmtätigkeit.
Nach zwei weiteren Tagen ist er wieder ganz der Alte. Trotzdem bekommt er von uns 2 Wochen Schonzeit verordnet : Spaziergänge an der Leine und Tobeverbot!

Nur eine kleine Naht weist noch auf Filous dramatisches Abenteuer hin
Als Filou wieder fröhlich seine Runden übers Feld zieht, atmet die gesamte Schinnergasse in Ostheim auf – alle haben mit Familie Büchner um Filou gebangt, inzwischen ist an seinem Bauch nichts mehr von seinem Abenteuer zu sehen und Frauchen ist überglücklich, dass es Filou wieder gut geht.