Diesmal möchten wir von einem traurigen Fall berichten, der doch noch einen guten Ausgang gefunden hat.
Es ist Mittwoch, der 31. Dezember – Jahresende – und die Sprechstunde steht kurz vor dem Ende.
Unsere Sprechstundenhilfen sind schon ganz in Feiertagsstimmung , sie freuen sich schon auf den Silvesterabend.
Da erreicht uns ein Anruf der Familie Goy aus Heldenbergen, dass sie auf ihrem Bauernhof ihren kleinen Kater mit einer schwerverletzten Pfote gefunden haben.
Die Beschreibung lässt nichts Gutes ahnen. Frau Dr. Rummel bittet, den kleinen Kerl auf dem schnellsten Wege in die Praxis zu bringen.
Alle wissen sofort, was es bedeutet – kein Feierabend – jetzt muß vermutlich operiert werden.
Unsere Sprechstundenhilfe, Frau Wurthmann, bekommt den Auftrag vorsorglich den OP vorzubereiten.
Das ist Routine: Vorwärmen der Wärmedecke, Aufbau des Narkose- Inhalationgerätes, Anschluß von Herz- und Pulsoximeter,
Vorbereitung der Infusion zur Kreislaufstabilisierung….
Als der kleine Kater in der Praxis ist, zeigt sich, dass Frau Dr.Rummel den Fall schon am Telefon richtig eingeschätzt hat.
Eine Operation ist unausweichlich.
Der kleine Max hat Fürchterliches durchlitten : er ist mit seinem linken Vorderlauf in eine Schlagfalle geraten.
Das Aufstellen ist aus tierschützerischen Gründen verboten, da die Verletzungen der Tiere verheerend sind. Durch die enorme Schlagkraft werden die eingefangenen Körperteile zertrümmert, das Tier ist selten sofort tot, sondern stirbt äußerst qualvoll an den Verletzungen. Doch Tierquäler stellen immer wieder heimlich diese Fallen auf. Es ist nicht das erste Mal, das dieses in Heldenbergen passiert ist.
Mäxchen ist ein kleiner, verschmuster erst 1 Jahr altes Katerchen, der aufgrund seiner verspielten Neugierde in die Falle geraten ist. Sein linkes Vorderbein ist zerschmettert, die Pfote ist abgetrennt, der Unterarm zertrümmert, der Blutverlust groß.
Max hat sich wie ein Wunder aus dieser Falle befreit und sich unter großen Schmerzen nach Hause geschleppt, wo er zum Glück gleich gefunden wurde.
Die Familie Goy wird darüber aufgeklärt, dass das Bein nicht mehr zu retten ist, nur eine Amputation kann Max das Leben retten.
Die Familie Goy ist erschüttert: ein Kater mit drei Beinen, auf einem Bauernhof beheimatet, wie soll er laufen können? Das sind die Fragen, die die Familie quälen. Sie können sich nur schwer vorstellen, dass ein Tier mit solch einer Behinderung noch Lebensqualität hat.
Frau Dr. Rummel klärt sie geduldig auf und schließlich stimmen sie der lebensrettenden Operation zu, doch wir merken, dass noch eine gehörige Portion Skepsis zurückgeblieben ist.
Mäxchen wird im Operationsvorbereitungsraum sofort sediert, an die Infusion mit einen Venenverweilkatheter angeschlossen, so dass er auch noch postoperativ einige Tage mit Infusionen versorgt werden kann. Es hat auch den enormen Vorteil, dass alle notwendigen Medikamente direkt übers Blut verabreicht werden können, damit die Wirkung auch sofort eintritt.
Er wird antibiotisch versorgt wegen der hohen Infektionsgefahr, erhält ein Medikament gegen die Übelkeit, die nach der Narkose auftritt und natürlich ein hochpotentes Schmerzmittel. In diesem Fall ist es ein hochwirksames Morphinderivat (Temgesic), das ihn garantiert schmerzfrei stellt.
Auch dieses Medikament wird in der postoperativen Phase weiterhin intravenös verabreicht, sodaß unser kleiner Patient auch in den Tagen danach nicht leiden muß.
Der Tubus ist schnell geschoben und der Kleine wird im OP an die Narkosemaschine angeschlossen.
Sobald er tief schläft, beginnt Frau Dr. Rogalla mit der notwendigen Operation. Für sie ist es ein Routineeingriff und eine Stunde später ist der Vorderlauf abgesetzt, und die Wunde mit einer Drainage versorgt und unter Verband gelegt.
Wenig später liegt Mäxchen schon auf der Station in seiner Aufwachbox. In diese Phase wird er ständig überwacht, der Herzmonitor zeigt keine Unregelmäßigkeiten an, und bis zum Erwachen erhält er Sauerstoff.
Mäxchen ist ein Held – obwohl die Feiertage anders geplant waren ist es für uns
alle ein sehr schöner Jahresbeginn als der Kleine am nächsten Tag schon maunzend in seiner Box nach Futter verlangt.
Max ist schnell, nach wenigen Laufübungen in der Praxis schafft er es schon ganz alleine auf drei Beinen durch die Praxis zu sausen. Er will Unterhaltung und schon nach drei Tagen können wir einen munteren Kerl nach Hause entlassen. *
Familie Goy ist überglücklich, Max ist verschmust und anhänglich und vor allem flink. Frau Goy ist froh, dass wir sie von der Operation überzeugt haben und hat sich bereit erklärt anderen Betroffenen, die sich auch schwer ein dreibeiniges Tier vorstellen können telefonisch ihre Erfahrungen mitzuteilen.
Wir sind glücklich über diesen schönen Jahresanfang, deswegen lieben wir diesen Beruf.
Siehe auch: Wissenswertes: Amputation der Gliedmaße bei der Katze