Cauda Equina Kompressionssyndrom

Synonym: degenerative lumbosakrale Stenose (DLSS)

DSH mit Cauda – equina mit typisch schlaff hängender Rute

DSH mit Cauda – equina mit typisch schlaff hängender Rute

LAHMHEITEN der Hintergliedmaßen aufgrund von HD, Hüftarthrose, Bandscheibenvorfälle ( z.B. Dackellähme ) u.a. sind den meisten Hundebesitzern ein Begriff, doch die Bewegungsstörung der Hinterhand durch Kompression der Cauda – equina, wie wir sie häufig bei großen Hunderassen finden, ist nach wie vor wenig bekannt.

1 cauda equina
2 Nervenwurzeln
treten aus den Wirbellöchern aus

Als Cauda- equina wird die hintere Aufzweigung des Rückenmarks in verschiedene Nervenbündel bezeichnet (u.a. Ischiasnerv, Schwanznerven).
Beim Hund verlaufen diese Nerven über die Länge von ein bis zwei Wirbelkörper im Wirbelkanal und treten dann aus den Zwischenwirbellöchern aus.

Sie versorgen Teile der Muskeln der Hinterbeine, die Schwanzmuskulatur und regeln den Kot- und Harnabsatz. Der Übergang vom letzten Lendenwirbel (L7) zum Kreuzbein ist im Vergleich zur restlichen Wirbelsäule sehr beweglich, und ausgerechnet hier ist der biodynamische Punkt, wo die Kraft von den Hinterbeinen beim Schub nach vorne übertragen wird.

Das Cauda-equina- Syndrom ist ein Sammelbegriff für eine Reihe von Erkrankungen des Übergangs der Lendenwirbel zum Kreuzbein, die zu einer Schädigung (Druck, Quetschung, Schwellung, Entzündung) dieses Rückenmark- Nervengebietes führen.

 

Durch die Instabilität im lumbo-sakralem Wirbelbereich können folgende
pathologischen Veränderungen hervorgerufen werden:

  • reaktiven Verdickung des Ligamentum flavum und des Lig. Longitudinale dorsale (Bänder, die die Wirbel verbinden)
  • sekundäre Protrusion des Anulus fibrosus (kleiner Bandscheibenvorfall)
    lumbosakrale Stufenbildung
  • von ventral nach lateral umgreifende Spondylosen (Verknöcherung der Wirbelgelenke) von L7 und S1

Pfeile zeigen die Quetschung der cauda equina an der Stenose: myelographische Röntgenaufnahme

All diese Veränderungen haben zur Folge, dass das Rückenmark zusammengedrückt wird, und es somit zu typischen neurologischen Ausfallerscheinungen führt.

Betroffen sind vor allem große Rassen, am häufigsten der Deutsche Schäferhund, wobei zu berücksichtigen ist, das diese Rasse statistisch unter den großen Rassen am weitesten verbreitet ist.
In der Regel treten die ersten klinischen Symptome ab dem 6. Lebensjahr auf, doch können auch jüngere (1 Jahr) und ältere Hunde (10 Jahre) erkranken. Die Krankheitssymptome entwickeln sich meist langsam über Wochen bis Monaten.

Leitsymptome

Die Hunde zeigen Schmerzen beim Aufstehen, weigern sich ins Auto zu springen, verweigern den Gehorsam bei Hindernissen oder bei der Mannarbeit, wollen nicht an der Kruppe angefasst werden und das Aufbiegen der Rute ist hoch schmerzhaft.

Das sind alles Bewegungen, bei denen der Lendenwirbel- Kreuzbeinbereich stark belastet wird.

 

Abgeschliffene Krallen bei einem DSH

 

Im weiteren Verlauf haben die Tiere Mühe aufzustehen, stehen schwach auf der Hinterhand, zeigen eine einseitige oder beidseitige Lahmheit (später sogar Lähmung) der Hintergliedmaße, laufen sehr untaktisch, schwankend, schleifen die Krallen ab, haben eine ohne Tonus hängende Rute – und noch später verlieren sie die Kontrolle über den Harn- und Kotabsatz.

Hunde mit derart fortgeschrittenen Veränderungen haben schlechte Aussichten auf Heilung.

 

 

Diagnose

Es ist sehr wichtig die Cauda equina von anderen Krankheiten, insbesondere Hüfterkrankungen, Frakturen, Tumore des Rückenmarks abzugrenzen.

Grundvoraussetzung ist die ausführliche neurologische Untersuchung. Typischerweise können folgende Befunde erhoben werden:

  • Die Überprüfung der Reflexe der Hinterhand sind normal bis herabgesetzt
  • Die Propriozeption (Bewusstsein darüber, wie die Gliedmaße im Raum steht) ist gestört, d.h., der Hund korrigiert die auf den Pfotenrücken aufgesetzte Pfote nicht nach
  • Das Tiefenschmerzempfinden ist nicht gestört.
typisches Überköten der Pfoten (rechts hinten), unkontollierter Harnabsatz

typisches Überköten der Pfoten (rechts hinten), unkontrollierter Harnabsatz

Im Anschluß an die klinisch- neurologische Untersuchung werden Röntgenaufnahmen in Narkose angefertigt. Sichtbar werden die Stufenbildung zwischen letztem Lendenwirbel und Kreuzbein, Spondyloarthrosen, manchmal sind auch die Verdickungen der Bänder und Bandscheibenvorfälle erkennbar.
Die endgültige Diagnose kann mit einer Kontrastuntersuchung wie der Myelographie und den technisch aufwendigen Untersuchungen der Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) gestellt werden. Manchmal allerdings kann erst die Chirurgie die letzte korrekte Aussage machen!

Therapie

Je nach Ausprägung der Symptome wird zunächst eine symptomatische und entzündungshemmende Therapie eingeleitet.

Dabei kommen gleichermaßen mit den Medikamenten zusätzliche Methoden wie Akupunktur, Magnetwelle, Physiotherapie zur Anwendung.

Durch elektrische Impulse werden die Nervenleitungen aktiviert

Ziel ist immer die Reduktion der Schmerzen und ein nachfolgender Muskelaufbau, damit der Hund sich wieder besser auf der Hinterhand trägt.

Auch eine Operation ist in Betracht zu ziehen, vor allen in den Fällen, bei denen die Hoffnung besteht, die komprimierende Ursache chirurgisch beseitigen zu können. Der Erfolg des chirurgischen Eingriffs ist sehr stark abhängig von der Grunderkrankung!

Siehe auch: Fall des Monats Juli 2004: Cauda Equina Syndrom