Fell- und Hautveränderungen beim Meerschweinchen, Degus, Chinchilla

Sehr häufig werden unsere kleinen Patienten mit Veränderungen des Fellkleides vorgestellt.
Da die Haut und das Fell ein direkter Spiegel der Gesundheit sind, bedürfen solche Auffälligkeiten immer einer tierärztlichen Kontrolle.
Es können sich hinter so einem oberflächlichem Erscheinungsbild sehr schwerwiegende Krankheiten verbergen.
Zunächst einige Bemerkungen und Beschreibungen von Besonderheiten zu Haut- und Haarkleid dieser drei Arten, wie wir es beim gesunden Tier sehen.

Meerschweinchen

  • Hinter den Ohren und kreisförmig um den Zitzen herum wachsen keine Haare
  • Meerscheinchen haben nicht wie Maus, Ratte oder Hund einen synchronisierten Haarwechsel, sondern die Haare wachsen ständig nach und die alten Haare fallen aus, dieser Haarausfall ist jedoch sehr mäßig- ähnlich wie bei uns Menschen
  • Die Haut ist sehr derb und fest
  • Im Kreuzbeinbereich ( zwischen den tastbaren Hüfthöckern) befindet sich das sog. Kaudalorgan: ein Drüsenfeld, das fettiges Talgdrüsensekret produziert ‡ Verklebungen in diesen Bereich sind also normal
  • Unkastrierte Böcke produzieren besonders viel Sekret als Geschlechtsmerkmal
  • Am Anus befinden sich die Perianaldrüsen: ihr Sekret ist besonders fettig, weißlich und von sehr intensivem Geruch
  • ‡ unkastrierte Böcke riechen deswegen besonders stark
  • gerade in der warmen Jahreszeit müssen die Meerschweinchen hier regelmäßig gereinigt werden, da an dieser Stelle, angelockt von dem intensiven Geruch, die Fliegen gerne ihre Eier ablegen und dort Maden schlüpfen, die zum Tod des Meerschweinchens führen können

Chinchillas

  • Chinchillas haben ein ganz besonders feines, sehr dichtes Fell
  • (aus einem Haarfollikel wachsen bis zu 60 Haare) und
  • 75 % der Haare sind weiches Flaumhaar, das zur Verfilzung neigt.
  • Obwohl auch die Chinchillas Talgdrüsen haben ist ihr Fell nicht wasserabweisend. Deswegen ist für diese Tiere das Sandbad zur Haut- und Fellpflege lebenswichtig!
  • In Stresssituationen können sie das Fell büschelweise abwerfen.

Degus

  • Beim Degu ist der Haarwechsel ähnlich wie beim Meerschweinchen, allerdings hat er nicht eine so derbe Haut.
  • Er braucht wie das Chinchilla ein Sandbad zur Körperpflege.
  • Die Tasthaare an der Schnauze sind besonders lang, aber als Besonderheit hat der Degu auch Tasthaare an der Vorderbrust, Schulter, Flanke und am Schwanz.
  • Der Schwanz ist besonders sensibel und hat für den Notfall (Flucht) eine Sollbruchstelle.

Deshalb ist oberstes Gebot, einen Degu niemals am Schwanz festzuhalten

  • Sollte die empfindliche Schwanzhaut abfallen, so kommt es zunächst zu einer starken Blutung, die aber von alleine wieder stoppt, in der Regel trocknet das Gewebe ab und die Tiere sind nicht in ihrem Allgemeinbefinden gestört.
  • Sollte das Schwanzende jedoch schmierig werden und fängt der Degu an, es zu benagen, so ist unbedingt eine antibiotische Behandlung erforderlich, da die Entzündung den Wirbelkanal aufsteigen kann. Im Extremfall ist eine chirurgische Amputation vonnöten. Da der Degu alles anknabbert, muss er unbedingt einen Halskragen zum Schutz der Naht tragen!

Hauptursachen der Fell- und Hautveränderungen

  • Bissverletzungen:
    Bissverletzungen entstehen in der Regel durch Rangordnungskämpfe. Kleinere Verletzungen heilen oft spontan ab, tiefere Läsionen sollten antibiotisch behandelt werden.
    Die Rangordnungskämpfe der Chinchillas sind besonders intensiv und die Verletzungen können schwerwiegend sein. Unverträglichkeiten können sogar zum Tod des Artgenossen führen.
    In der Regel reichen antiseptische Maßnahmen aus, Salben sollten wegen der Fellverklebung beim Chinchilla vermieden werden. Bis zur Abheilung muss das Sandbad entfernt werden, da sich ansonsten Sekundärinfektionen entwickeln können.
  • Veränderungen im Maulbereich:Zahnprobleme:
    Bei Zahnproblemen kommt es zu vermehrtem Speichelfluß, so dass Maul, Hals und Brust verklebt sind. Manchmal reißen sich die Tiere auch aus Schmerzen das Fell an anderen Körperstellen aus. In solchen Fällen muss eine Zahnsanierung, häufig unter Röntgenkontrolle des Schädels, erfolgen.Lippengrind (Cheylitis) beim Meerschweinchen:
    An den Lippen und im Mundwinkel zeigen sich zunächst kleine Risse, die sich entzünden und mit einer dicken Kruste überzogen sind. Aufgrund der Schmerzhaftigkeit fressen die Tiere schlecht und magern ab.
    Die Ursache ist nicht bekannt, vielfach wird ein Vit C – Mangel verantwortlich gemacht, aber auch Meerschweinchen, die ausreichend Grünfutter erhalten, erkranken an Cheylitis.

Diagnose und Therapie

Bei stärkerem Befall sollte auf jeden Fall eine mikrobiologische Untersuchung erfolgen, um den Erreger zu bestimmen, häufig finden wir im fortgeschrittenem Stadium auch noch zusätzlich eine Pilzinfektion.
Kleinere Entzündungen sind mit Antiseptika und Heilsalben zu therapieren, im fortgeschrittenem Stadium ist gezielt -je nach Erreger- auch mit Antimykotika oder Antibiotika vorzugehen,
abwehrstärkende Präparate sind von Vorteil.

  • Entzündundliche und tumuröse Veränderungen des Kaudalorgans beim Meerschweinchen:
    Veränderungen des Kaudalorgans sind beim Meerschweinchen sehr häufig und betreffen ältere und vor allem männliche, unkastrierte Tiere.

    • Das Fell ist stark verklebt
    • Die Haut gerötet oder eitrig entzünde
    • Umfangsvermehrung
    • Knotige Veränderungen

Antiseptische und antbiotische Behandlung bei entzündlichen Veränderungen mit vorausgegangener Keimbestimmung sind erfolgreich, jede Art von tumoröser Veränderung muss chirurgisch entfernt werden.
In der Regel sind die Tumore gutartig.
Ratsam ist jedoch schon die Entfernung kleiner Umfangsvermehrungen, da im Kruppenbereich großflächige Operationswunden aufgrund von Mangel an Haut zum Wundverschluß nur sehr schwer heilen. Die Tiere müssen auf jeden Fall einen Kragen tragen.

  • Parasitenbefall:
    Unsere Meerschweinchen sind häufig mit Milben befallen; ein gewisser Anteil an Parasiten ist als normal einzustufen, wenn das Tier absolut symptomfrei ist. Bei gutem Immunstatus bekämpft die körpereigene Abwehr die parasitäre Besiedlung. Doch in Stresssituationen und insbesondere bei Neuzugängen kommt es oft zum Ausbruch von Krankheitssymptomen, die immer mit starkem Juckreiz verbunden sind:

    • Starker Juckreiz mit zunächst kleinen Kratzwunden
    • Im fortgeschrittenem Stadium beginnen die Tiere sich zu benagen und großflächig zu verletzen
    • Die Wunden infizieren sich, die Haare fallen aus, es entstehen großflächige, kahle Stellen
    • die Haut verändert sich: sie wird schuppig, trocken, faltig
    • der Juckreiz wird immer schlimmer, die Tiere magern mehr immer ab und sterben an den Milbentoxinen oder den Sekundärerkrankungen

DIAGNOSE UND THERAPIE:
Die Tiere müssen auf jeden Fall in der Praxis vorgestellt werde. Hier wird in der mikroskopischen Untersuchung die Art der Milbe bestimmt, so dass eine gezielte Behandlung erfolgen kann.
Je nach Art des Milbenbefalls dauert eine Behandlung mindestens 3 Wochen oder sogar länger. Es ist ratsam, die antiparasitäre Behandlung mit abwehrstärkenden Mitteln zu unterstützen. Bei Tieren, die schon stark geschwächt sind, kann das Leben nur durch eine intensive medizinische Unterstützung gerettet werden. Wir nehmen solche Patienten oft in der kritischen Phase stationär auf, um eine entsprechende Versorgung zu gewährleisten.

  • Pilzbefall (Mykose):
    Hauptverursacher von Mykosen sind Mikrosporum- und Trichophyton- Arten.
    Sie zeigen sich typischerweise zunächst mit Haarausfall um Augen und Nase, erst später kommt es zum Haarausfall auch an den Pfoten. Juckreiz ist selten vorhanden.

    • Bei den Meerschweinchen finden wir häufig auch schuppige Stellen auf den Rücken. Die Haare lassen sich in diesen Bezirken sehr leicht ausziehen.
    • Beim Degu sind oft nur die kahlen Pfoten ein Indiz für den Pilzbefall
    • Chinchillas haben oft über den ganzen Körper verteilt Haarbruchstellen mit diffusen Haarausfall

DIAGNOSE UND THERAPIE:
Hautgeschabsel und Haarproben an den veränderten Stellen sind mikroskopisch zu untersuchen und auf einem Nährboden anzuzüchten.
Die Behandlung muss mindestens 6 Wochen lang durchgeführt werden.

CAVE: Pilzerkrankungen sind auf den Menschen übertragbar

  • Schilddrüsenerkrankungen:
    Über – oder Unterfunktion der Schilddrüse kommt beim Meerschweinchen häufig vor. Wir finden eher eine Über- als eine Unterfunktion der Schilddrüse.

    • Beide Krankheitsbilder haben als Leitsymptom eine Haarverlust in der Regel an den Innenschenkeln und am Unterbauch.
    • Es besteht kein Juckreiz.
    • Auch ist die Haut dünner als beim gesunden Tier.
    • Besonders häufig sind Meerschweinchen älter als 5 Jahre betroffen.
    • Bei Überfunktion der Schilddrüse magern die Tiere sehr ab und haben häufig Durchfall, auffällig ist auch, dass sie sehr viel trinken und sehr viel Urin lassen.
    • Bei Unterfunktion der Schilddrüse sind sie zunächst träger und werden dicker, das Herz arbeitet langsamer, im fortgeschrittenem Stadium verlieren aber auch sie an Gewicht.

DIAGNOSE UND THERAPIE:
Die Diagnose ist sehr einfach durch eine Blutuntersuchung zu stellen. Die Therapie erfolgt dann mit einem entsprechendem Schilddrüsenpräparat, das dauerhaft verabreicht werden muss. Weiterhin sind regelmäßige Blutkontrollen der Schilddrüsenwerte erforderlich.
Leider ist es häufig so, das wir diese kleinen Patienten erst im fortgeschrittenem Stadium in der Praxis sehen, so dass eine Behandlung oft erst viel zu spät einsetzen kann und unsere kleinen Patienten an der Entkräftung und an den Sekundärinfektionen sterben müssen.
Werden die Kleinen rechtzeitig in der Praxis vorgestellt und ist ihr Allgemeinbefinden noch nicht massiv gestört, so haben sie gute Aussichten auf eine erfolgreiche Behandlung.

  • Ovarialzysten:
    Zystisch veränderte Eierstöcke finden wir bei allen drei Tierarten: Degus, Chinchillas und Meerschweinchen.
    Doch nur beim Meerschweinchen finden wir als äußerliches Symptom einen hormonell bedingten Haarausfall,

    • der beidseits symmetrisch an den Flanken sich ausbildet und über den ganzen Rücken fortschreitet.
    • Es besteht kein Juckreiz
    • Häufig verlieren die Tiere an Gewicht
    • Die vermehrte Östrogenausschüttung durch die Zysten stört die Blutbildung und schwächt das Immunsysten

DIAGNOSE UND THERAPIE:
Sehr häufig sind die Zysten durch die Bauchdecke palpierbar. Röntgen- und Ultraschalluntersuchungen erleichtern die Diagnose.
Solange der Fellverlust eindeutig symmetrisch an beiden Flanken vorliegt, sind weitere Erkrankungen mit ähnlicher Symptomatik mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen.
Ein dauerhafter Therapieerfolg wird nur durch die Kastration des Weibchens erreicht.
Befindet sich das Meerschweinchen in einem bereits schlechtem Allgemeinzustand ist es ratsam, zunächst konservativ mit Hormonen zu behandeln und das Tier zu stärken und erst dann die Operation durchzuführen.